Römische Töpferei

Gemarkung „Am Guten Mann“ war zur Römerzeit eine blühende Tonproduktionsstätte

In der Vorbereitung zum Bau des Atomkraftwerkes Mülheim-Kärlich führte das Staatliche Amt für Vor- und Frühgeschichte Koblenz 1974/75 archäologische Ausgrabungen im Bereich des vicus Weißenthurm durch. Diese Gemarkung gehörte bis 31. Dezember 1865 zum Bereich der Gemeinde Kärlich. Wie die Experten im „Nachrichtenblatt der Deutschen Limeskommission“ 2011 mitteilten, wurde dort eine römische Töpferei mit insgesamt 10 Brennöfen gefunden. Die Lage am „Guten Mann“, so die Berichterstatter weiter, erfüllte alle

Grundvoraussetzungen einer Töpferansiedlung, wie die Verfügbarkeit der drei wichtigen Rohstoffe Ton, Wasser und Holz, sowie die verkehrstechnische Anbindung an die Absatzmärkte. Neben den 10 noch voll bestückten Brennöfen wurde auch das Abbild eines Römers als Wandbemalung gefunden. Neben einer Vielzahl von Tonprodukten findet man es heute im Stadtmuseum.

 

Weitere Bildzeugnisse aus dem Römervicus in der Gemarkung „Am Guten Mann“

1974/75 wurden im heute zu Weißenthurm gehörenden Bereich der Hafenstraße römische Keramikbrennöfen und Reste eines römischen Dorfes entdeckt und ausgegraben. Neben umfangreichen römischen Keramikgefäßen wurden auch Reste von Wandbemalungen auf Putzstücken (z. B. menschliches Gesicht, Pegasus, das geflügelte Pferd und Medusenkopf) gefunden, die sich größtenteils heute im Original im Landesmuseum auf der Festung Ehrenbreitstein befinden. Abbildungen findet man aber auch im Mülheim-Kärlicher Stadtmuseum. Der Medusenkopf aus der griechischen Sage und der Pegasus, das geflügelte Pferd aus der griechischen Mythologie, erlebten auf einer Borde im Innenraum des wieder errichteten Tempels auf dem Martberg bei Pommern/Mosel ihre Auferstehung. Hierüber berichtet Hans Wolfgang Herdes, ehemals Rektor der Hauptschule Mülheim-Kärlich im Heimatbuch 2008 des Kreises Mayen-Koblenz.

Unter den umfangreichen römischen Keramikwaren befand sich auch eine außergewöhnlich, 83 cm im Durchschnitt große Reibschüssel mit Ausguss, deren Rand mit dem Schriftzeichen „SATINUS F“, d. h. Satinus hat diese gemacht, signiert ist. Die Reibschüssel war ein häufig gebrauchtes römisches Küchengerät. Durch die Rauhung auf der Schüsselinnenwand konnten organische Stoffe mit Hilfe eines steinernen „Handschmeichlers“ gemahlen und zerkleinert oder zu Brei zerrieben werden. Ob Satinus auch die Person ist, die im Bild gemalt wurde, ist möglich, aber nicht erwiesen.

Unter den umfangreichen römischen Keramikwaren befanden sich auch viele Gefäße für den täglichen Gebrauch, die als „Urmitzer Ware“ in die Literatur eingegangen sind. Interessant sind in diesem Zusammenhang Krüge mit einem keramischen Kugelverschluss. Dieser Verschluss hatte oben eine Vertiefung, in die man den kleinen Finger stecken konnte, um den Kugelverschluss abzuheben. Desweiteren fand man auch ein Käse Sieb, das sich heute im Stadtmuseum befindet.

Auch wurden gut erhaltene Dachziegel gefunden, die dort geformt und gebrannt wurden. Eine keramische Spezialität sind sicher die Ziegel, die so geformt sind, dass sie den Einbau eines Abgasrohres für einen Ofen ermöglichten. Muster findet man im Stadtmuseum.

Unter den umfangreichen römischen Keramikwaren für den täglichen Bedarf befanden sich auch größere Mengen von Faltenbechern in unterschiedlichen Größen, die von Groß und Klein als Trinkgefäße genutzt wurden sowie viele Krüge, die als Trinkgefäße oder Vorratsbehälter hergestellt worden waren und die man heute im Stadtmuseum findet. Mit diesen Produkten trieben die Römer über die Rheinschiene einen schwunghaften Handel, denn sie wurden in vielen römischen Niederlassungen und Kastellen gefunden.

Fotos: Oswald Senner



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